Du Alicia hast im April und du Nadia Ende Juni eure Halbmarathonpremiere gefeiert. Ihr habt erfolgreich gefinisht und die Strapazen gut überstanden. Wie schnell habt ihr euch von diesen 21km erholt?

Nadia: Ich war überrascht wie schnell es eigentlich ging. Klar, die ersten zwei Tage hatte ich schon muskuläre Schwierigkeiten, vor allem beim Treppenlaufen. Bei mir wurde es dann relativ offensichtlich durch den Open-Window-Effekt, sprich mein Immunsystem war ziemlich angeschlagen. Was ich heute noch merke sind die Nachwehen in Form von lädierten Zehennägeln. Aber ansonsten verlief die Erholung überraschenderweise sehr schnell.

Alicia: Bei mir war es ähnlich. Da ich mich unmittelbar nach dem Zieleinlauf gleich hinsetzte und auf ein Auslaufen verzichtete, konnte ich am nächsten Tag kaum mehr gehen. Nach zwei Tage ging es mir rein körperlich jedoch schnell wieder sehr gut. Ich hatte ähnliche Probleme wie Nadia mit den Zehennägeln, welche sich bereits in den Trainings zeigten. Aber ansonsten hatte ich weder mit den Gelenken noch mit anderen Problemen zu kämpfen, was sicherlich auch auf den regelmässigen Trainingsaufbau zurückzuführen war.

 

Eure Leistung ist insofern bemerkenswert, als dass ihr beide Neo-Läuferinnen seid und erst im Winter mit regelmässigem Training begonnen habt. Wieso habt ihr euch entschieden, ein Halbmarathonprojekt zu starten?

Nadia: Für mich war die Motivation sicherlich bedingt durch meinen 40. Geburtstag und diesem Sinne quasi ein 40-Jahre-Projekt. Es war vor allem aber auch die Biografie von Jan Frodeno, welche ich sehr spannend fand. Gleichzeitig ging auf Hawaii auch die Ironman-Weltmeisterschaft über die Bühne, welche ich mitverfolgte und mich durch die Leistungsfähigkeit der Athleten beeindruckte. Das alles hat mich ebenfalls gepusht selber ein solches Projekt in Angriff zu nehmen. Überraschenderweise fand ich auf einmal sogar Spass am Joggen, was eigentlich nicht so meine Disziplin ist. Ich fand es jedoch auch spannend auf ein Ziel hinzuarbeiten, welches notabene noch in Hamburg, einer meiner Lieblingsstädte stattfand. Die Vision, anhand konkreter Trainingspläne die Trainingseinheiten innerhalb vernünftiger Zeit umzusetzen, war sehr motivierend. Spannend war auch, dass ab dem Zeitpunkt als die Anmeldung stattgefunden hat, der innere Schweinehund automatisch überwunden wurde und ich sogar regelmässig bei Regen die Trainings umsetzte. Das zeigt, dass es machbar ist.

Alicia: Vor einem Jahr reduzierte ich das Flamenco und fand gleichzeitig die Motivation mal etwas anderes auszuprobieren, etwas wobei man nicht unbedingt auf die Ästhetik und das Aussehen achten muss, sondern sich auch etwas auspowern kann. Der erste Auslöser war eine Freundin von mir, welche schon länger joggte und mich ermunterte gemeinsam ein paar Joggingrunden zu drehen. Da merkte ich, dass dies geht und ich bis eine Stunde gut durchhalten konnte. Wenn ich alleine unterwegs gewesen wäre, hätte der innere Schweinehund wohl teilweise gesiegt. Im Sommer kaufte ich dann auch meine ersten richtigen Joggingschuhe. Ich trainierte nach einer App, merkte jedoch, dass es nicht individuell abgestimmt ist und ich dadurch teilweise wahrscheinlich auch falsch trainierte.

Im September begann ich hier im nutriteam zu arbeiten und liess mich vom Enthusiasmus von Nadia für ihr Halbmarathonprojekt anstecken. Ich war sofort dafür zu begeistern und startete im Oktober dann mit einem systematischen Trainingsplan und dem hausinternen Coaching bei Michael, bei welchem ich wusste, dass ich nichts falsch mache und die Verletzungsgefahr gering bleibt. Beim Tanzen hatte ich immer wieder Knie- und Schulterprobleme, was ich heute nicht mehr habe.

Alicia gut gelaunt im Ziel mit Medaille und Musik
Ihr sprecht beide den inneren Schweinehund an. Inwiefern hatten das Training und das Coaching einen Einfluss zur Überwindung dazu?

Nadia: Mir hat es enorm geholfen zu wissen, dass ich angemeldet bin und diese 21,1km bestreiten muss bzw. darf. Daher war die Motivation dranzubleiben gross! Mir war es wichtig, nicht über die ganze Strecke leiden zu müssen, sondern auch noch mit etwas Spass und Genuss ans Ziel zu kommen. Durch die regelmässigen Trainings und das geplante Soll-Pensum nahm ich diese Termine wie andere auch in die Agenda auf. Zudem war das gemeinsame Training motivierend. Es gab viele Trainingssessions zu zweit wo man das Training selbst gar nicht als solches wahrnahm und plötzlich merkte: Hey, wir haben gerade 10km zurückgelegt. Das wäre vorhin undenkbar gewesen, da bereits nach 3km Ende gewesen wäre. Es motivierte zusätzlich zu merken, wie schnell Fortschritte möglich sind und so dem inneren Schweinehund Paroli geboten werden kann.

Alicia: Eine Planung zu haben gab mir Sicherheit. Ich notierte diese Termine in der Agenda und versuchte mich so gut als möglich daran zu halten. Ganz immer ging das halt nicht, aber eine gewisse Flexibilität muss man ja auch haben. Aber eben auch das gemeinsame Trainieren war super und motivierend. Plötzlich war auch der Schweinehund nicht mehr relevant, da man gar nicht die Zeit dazu hatte sich auf diesen einzulassen. Ich hätte mir das niemals zugetraut, einen solchen Lauf erfolgreich zu bestreiten, da ich von Grund auf eher eine Sprinternatur bin. Es war faszinierend zu sehen wie man von Monat zu Monat Fortschritte machte.

 

Ein gutes Stichwort. Was habt ihr in diesem halben Jahr an Fortschritte bemerkt und wie haben sich diese geäussert?

Alicia: Bei mir war das Seitenstechen ein grosses Thema, was ich heute nicht mehr kenne. Und wenn es einmal auftaucht kann ich mit der Atmung dagegen ansteuern. Die Trainings waren zudem so konkret und mein Ziel so klar, dass ich mich nicht durch andere Faktoren beeinflussen liess.

Nadia: Bei mir war es ganz klar die Ausdauer selbst. Mich erstaunte, wie schnell die Fortschritte kamen und ich plötzlich nicht nur länger sondern auch schneller laufen konnte. Dies konnte ich sowohl auf dem Laufband und natürlich auch outdoor mittels Uhr gut beobachten. Zu Beginn war es beispielsweise unvorstellbar 6 Minuten pro Kilometer zu laufen und war der Meinung, das nie schaffen zu können.

Am Ende von 21.1km: Nadia läuft in Hamburg ins Ziel ein! Copyright: meine-sportfotos.de
Ihr habt eure Rennen bei ziemlich unterschiedlichen Konditionen bestritten. Alicia, du bist in Freiburg bei Regen und eher tiefen Temperaturen gelaufen, du Nadia hast dein Rennen in der Hitze von Hamburg mit über 35 Grad absolviert. Innerhalb eines Rennens erlebt man ja verschiedene Hochs und Tiefs. Was ist eure „Renngeschichte“?

Alicia: Bereits beim Einlaufen regnete es ziemlich heftig. Durch die verschiedenen auch im Regen absolvierten Trainings nahm ich das jedoch relativ gelassen zur Kenntnis. Ich sagte mir, dass ich gut vorbereitet bin und zudem hatte ich ja Musik dabei. Wir haben ja viel darüber diskutiert ob mit oder ohne Sound. Mir war es wichtig mit musikalischer Unterstützung auf die ersten 10km zu starten. Ich erlaubte mir sogar nach Halbzeit unserem Coach Michael kurz ein Emoji per WhatsApp zu schicken. Das zeigt auch, dass ich die Lockerheit sicher an den Lauf mitgebracht hatte und ich das nicht verbissen betrachtete.

Ich wollte es durchziehen, ohne zu gehen, hatte zwar auch meine zeitlichen Ziele, blendete diese jedoch während des Laufes etwas aus. Zwischen Kilometer 10 und 15 hatte ich eine grössere Krise und hatte auch Zweifel ob ich das wirklich schaffen werde. Dort klemmte ich mich einfach hinter einen anderen Läufer und sagte mir Mantra-mässig „Tempo halten, Tempo halten…“. Dort half auch die Musik um das Zwischentief zu überwinden. Bei Kilometer 16 rannte ich bei einer Band vorbei und erlaubte mir noch eine kleine Tanzeinlage in den Lauf einzubauen. Da merkte ich auch, dass es mir gar nicht so schlecht geht und ich Reserven habe. Die letzten Kilometer gingen dann relativ gut und ich legte auf den letzten Metern noch etwas an Tempo zu. Nach dem Zieldurchlauf wurde ich auch etwas emotional. Sicher ausgelöst durch die Anspannung, die Vorbereitungszeit und das Realisieren: Ich habe es geschafft!

Nadia: Ich war vor allem dankbar, dass es eher eine flache Strecke war. Höhenmeter hätten mich wohl eher gestresst. Im Moment als ich in Hamburg ankam, war ich froh, dass es endlich losging. Es war eine lange Vorbereitungszeit! Es war spannend im Vorfeld die verschiedenen Stimmen zu hören, welche ungläubig fragten ob ich bei 35 Grad tatsächlich starten wolle. Es wäre jedoch für mich nie in Frage gekommen zu verzichten. Ich habe mich so lange darauf vorbereitet, also war klar, dass ich es durchziehe.

Das Schöne war, dass ich keinen Vergleich hatte, da es der erste Halbmarathon war. Deswegen war die Hauptsache gut ins Ziel zu kommen. Von der Hitze her war es auf jeden Fall eine Challenge. Ich lief quasi von Trinkstelle zu Trinkstelle und wusste auch, dass mein Mann immer wieder am Strassenrand wartete. Insofern war es für mich ein Step by Step-Lauf und nicht die Idee von „jetzt muss ich die 21,1 Kilometern in Rekordzeit durchrennen“. Nach 5 bis 6 Kilometern begannen die ersten Läufer zu gehen, was für mich keine Option war und mir mein Sturkopf auch nicht zugelassen hätte. Ich sagte mir, lieber Tempo anpassen und in jedem Fall durchlaufen.

Wie du Alicia auch gesagt hast, hatte ich auch irgendwo bei Halbzeit eine Krise und fragte mich selber, weshalb ich mich nicht einfach für einen 10km-Lauf angemeldet habe. Ich hatte aber einfach immer im Kopf „Keep going, keep going! Die anderen sind auch am Leiden.“

Ich versuchte auch mich an gewissen Gruppen anzuhängen und sah manche Läufer auch immer wieder. Trinkstände und Duschen liess ich keine aus und ich nahm mir immer wieder die Zeit Getränke zu nehmen – bei dieser Hitze absolut notwendig. Bis Kilometer 14 konnte ich die angestrebte Pace halten, anschliessend musste ich etwas Tempo rausnehmen und wollte einfach gut ins Ziel kommen. Mir ging es dann im Ziel ähnlich: Die Emotionen waren unbeschreiblich!

Das Wetter belastet den Organismus zusätzlich. Daher ist das entsprechende Training als auch eine schlaue Verpflegung absolut notwendig.
Ihr seid beides Ernährungsprofis. Inwiefern habt ihr die Ernährung in euren Trainingsalltag bzw. auch für das Rennen geplant?

Alicia: Ich habe in den Trainings verschiedene Sachen ausprobiert, da Experimente beim Wettkampf ja ein No-Go sind. Eine gute Lösung waren für mich die Hydrogels, welche nicht ganz so dickflüssig sind und bereits etwas Wasser integriert haben. Generell ist das Trinken unterwegs noch so eine Sache, welche sich zu üben lohnt. Ein solches Hydrogel warf ich bei Kilometer 15 ein.

Rund zwei Tage vor dem Rennen begann ich mit dem Carboloading und genoss es, mal so richtig kohlenhydratlastig zu essen. Im Grunde war es jedoch eher Mittel zum Zweck. Mehr Mühe machte mir das recht zeitige Frühstück um 6 Uhr am Wettkampftag selber mit Zopf, Nutella, Honig usw.. Grundsätzlich ist die genügende Trinkmenge auch bei mir ein Thema. Im Vorfeld zwang ich mich dazu, etwas mehr an Flüssigkeit einzunehmen. Am Lauf selber regnete es ja, insofern war ich dort eher am unteren Bereich der empfohlenen 0.4 – 0.8 dl pro Stunde.

Für die Trainings beachtete ich den Grundsatz, dass bei intensiven Intervallen immer genügend an Kohlenhydraten konsumiert werden müssen. Die Ernährung ist insofern auf die geplanten Trainings abzustimmen.

Nadia: Bei mir war es ähnlich. Leider gab es auf der gesamten Strecke nur Wasser und keine kohlenhydrathaltigen Getränke, was sehr ungünstig war. Ansonsten hielt ich mich auch an die Carboloading-Regel und ass zum Frühstück ein Porridge, welches vom Kohlenhydrattyp her eher etwas langsamere Energie liefert. Die Hauptschwierigkeit war, dass ich aufgrund der Hitze das nach 5km geplante Hydrogel nicht einnehmen konnte und so automatisch auf Wasser auswich. Gegen den Schluss hin merkte ich das Defizit in Form von leichten Krämpfen. Insofern wäre es sicher besser gewesen mich zu zwingen, trotz Hitze etwas Zuckerhaltiges zu konsumieren. Dies würde ich das nächste Mal anders machen.

Alicia: Ich machte mir die Überlegung mit dem Porridge auch noch, hatte aber Respekt vor zu vielen Nahrungsfasern. Wahrscheinlich hatte ich dort etwas zu wenig Boden.

Nadia: Wichtig ist, dass man auf sich hört und sich nicht zu neuen nicht bekannten Methoden zwingt. Banane beispielsweise geht bei mir gar nicht, da ich sonst Magenschmerzen bekommen würde. Wäre zwar perfekt von der Frucht her aber leider nicht für mich.

Ausprobieren von Verpflegungsstrategien lohnt sich – einfach nicht am Wettkampftag selber!
Zum Schluss ein ganz konkreter Tipp für einen Laufeinsteiger, der ebenfalls einen Halbmarathon zum Ziel hat.

Nadia: Gute Planung mit Unterstützung mit ins Boot holen. Einen sauberen Trainingsplan, welcher ein Übertraining vermeidet ist entscheidend. Man muss das Gesamte sehen und sich die Wertschätzung geben Trainings als Termine zu betrachten. Und ganz wichtig: Das Ganze mit Humor nehmen und Spass haben. Das sollte nie zu kurz kommen.

Alicia: Das kann ich alles unterschreiben. Es muss einfach auf mich als Individuum und auf meinen beruflichen Alltag abgestimmt sein. Und alles mit gesundem Menschenverstand absolvieren und nicht so soldatenmässig. Wir sind ja schliesslich keine Profis. Klar sollte man ein solches Projekt ernst nehmen aber eine gewisse Flexibilität finde ich wichtig. Zudem können regelmässig Rücksprachen mit dem Trainer vorgenommen werden und bei Bedarf Anpassungen gemacht werden. Ergänzend finde ich eine Aufzeichnung der Trainingsdaten spannend um zu sehen wo man durchgelaufen ist, wie man die Zonen eingehalten hat und auch um den Fortschritt zu verfolgen.

Nadia: Vielleicht hat man ja im Umfeld auch noch Personen, die motiviert sind mitzumachen und welche für gemeinsame Trainings zu haben sind. Die gegenseitige Unterstützung ist sicherlich hilfreich.

Nadia absolvierte den Hella Halbmarathon in einer Endzeit von 2:24:44

Alicia absolvierte den Freiburg Halbmarathon in einer Endzeit von 2:02:51