Die Ausgangslage
Bis zu meinem gesundheitsbedingten Rücktritt 2013 aus dem Leistungssport habe ich über Jahre hinweg mit dem Fokus auf den Langsprint (400m Hürden) trainiert. Mein gesamter Organismus war darauf ausgerichtet, in sehr kurzer Zeit eine maximale Leistung zu erbringen. Ich trainierte mit Ausnahmen im Aufbautraining, sehr wenig im reinen aeroben Ausdauerbereich, da ich den Schwerpunkt auf die Schnelligkeit und Kraft legen musste.
Nach mehreren Jahren Trainertätigkeit im Leistungssport nahm ich 2017 aus irgendeinem Grund an einem Duathlon teil, wobei ich ziemlich abgeschlagen irgendwo im Bereich von Rang 50 landete und feststellte, dass mein Körper, trotz guter Gesundheit, weit weg von absoluten Ausdauerspitzenleistungen ist. So lancierte ich dann im Spätsommer 2017 das einjährige Experiment und versuchte, innert eines Jahres die Transformation vom Sprinter zum Ausdauerathleten zu realisieren. Als Trainer versuche ich zudem seit jeher den folgenden Grundsatz zu leben: „Absolviere auch als Trainer zwischendurch Trainingseinheiten, damit du das Gefühl der Trainings für deine Athleten nachvollziehen kannst.“ Insofern wollte ich mich mit diesem Projekt auch als Trainer weiterentwickeln.
Der Blick in den Körper
Als Athlet mit einer sprintorientierten Vergangenheit war mein Körper über Jahre hinweg darauf getrimmt, innert 50 Sekunden auf all out zu gehen. Das bedeutet, dass meine anaerobe Energiebereitstellung (Sprintleistung) sehr ausgeprägt sein musste, die aerobe Leistung (Ausdauerleistung) jedoch eher zweitrangig war. Anders ausgedrückt, war es sich mein Körper gewohnt, seine Energie aus Kohlenhydraten (und Kreatinphosphat) zu gewinnen, die Betaoxidation (Fettmetabolismus) hingegen zu vernachlässigen, da diese leistungsmässig für einen Langsprinter nicht relevant war. Ich musste folge dessen meine vermeintliche Stärke, die Schnelligkeit und Kraft etwas auf die Seite legen und stattdessen die Ausdauerleistungsfähigkeit verbessern.

Die Diagnostik
Im Oktober 2017 lancierte ich dieses Projekt gemeinsam mit meinem Trainerkollegen Dan Aeschlimann, Inhaber des Triathlonspezialisten MySport Zürich.
Dabei verfolgte ich zwei Ziele:
- Die metabolische und muskuläre Transformation vom anaeroben in den aeroben Bereich
- Die Etablierung unter den Top10 der Duathlonszene Schweiz
Die Basis dazu legte ich mit einer Leistungsdiagnostik, welche ich auf dem Rad und auf dem Laufband durchführte.
Dabei ging es darum herauszufinden…
- wo mein Körper seine anaerobe Schwelle (oder vielmehr anaerober Schwellenbereich) hat,
- wie hoch meine maximale Laktatbildungsrate (VLamax) ist,
- wie hoch meine maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) ist,
- bei welcher Geschwindigkeit bzw. bei wie viel Watt meine maximale Fettoxidation liegt.
Das Training
Die Defizite waren eindeutig zu erkennen. Zwar hatte ich eine gute physische Grundlage, allerdings griff mein Körper zu schnell auf die Kohlenhydratdepots zurück bzw. ging sehr unökonomisch mit diesen um. Der aerobe Stoffwechsel hingegen wurde in einem ungenügenden Masse genutzt. Anhand eines Beispiels ausgedrückt: Ich konnte zu diesem Zeitpunkt einen 100m noch in 11.90 laufen und die 1000m in 2.35 absolvieren. In einem 10km-Lauf vermochte ich mit einer Zeit von rund 37 Minuten nicht wirklich zu glänzen.
Die Massnahmen waren insofern gegeben: Lange Ausdauereinheiten, Kraftausdauer, Hypertrophie und in meinem Fall Technikschulung auf dem Zeitfahrrad. Alles Sachen, die ich als Sprinter nie und nimmer trainieren würde. Den Trainingsplan dazu entwickelten wir nach dem polarisierten Prinzip. Das heisst, rund 80% des Trainingsumfangs der Ausdauer fanden im Grundlagenbereich, die übrigen 20% im Stehvermögenbereich bzw. (hoch)intensiven Bereich statt. Der Körper sollte so trotz allen Grundlageneinheiten, einen regelmässigen intensiven Impuls erhalten, um nicht total „einzuschlafen“ und sich damit auf die wirklich brutalen Einheiten Ende Winter vorbereiten zu können. Die Planung und das Monitoring fanden dabei ausschliesslich über Trainingstool AZUM statt.

In einem Wochenrhythmus von 2:1 (zwei Belastungswochen, eine Erholungswoche) konnte ich so meinen Körper an die stetig steigenden Umfänge gewöhnen. So reihte ich unzählige Kilometer auf der Rolle und auf dem Laufband aneinander und verbrachte viele Stunden in unserem eigenen Kraftkeller im nutriteam. Insbesondere die Wintermonate standen im Zeichen von vielen Krafteinheiten, langen Ausdauertrainings, welche teilweise auch unspezifischer Natur waren.

So legte ich im Dezember und Januar auch bewusst Wochen ein, in der ich mich primär dem Schneeschuhlaufen, Langlaufen und Skifahren widmete. Auch mit solchen Einheiten konnte ich meine Muskulatur und meine allgemeine Ausdauer perfekt schulen und aufbauen.
Für die Motivation macht dies zudem ebenfalls Sinn: Spätestens nach zwei Monaten trainieren nach Wattzahlen, braucht der Kopf etwas Abwechslung in Form von total anderen Trainingsreizen. Für mich ideal um mental etwas Kraft zu tanken.

Die Ernährung
Ernährungstechnisch verpflegte ich mich weitestgehend nach unserem firmenintern angepassten Tellermodell. Dieses gleicht demjenigen der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung, orientiert sich jedoch mehr an dem mediterranen Ernährungsprinzip. Das heisst, dass ich mich nicht an einem Prinzip à la Low Carb/High Fat oder sowas in der Art ausrichtete. Dafür bin ich zu stark ein Genussmensch, als dass ich mich hier einschränken wollte. Einzige Ausnahme war der Verzicht bzw. die Reduzierung der Kohlenhydrate vor langen Grundlagenausdauereinheiten. Dies begünstigte den Fettstoffwechsel und schränkte gleichzeitig meine Lebensmittelauswahl kaum ein.
Ansonsten versuchte ich generell den schnell verdaubaren Zucker (Saccharose) vermehrt etwas zu meiden und stattdessen auf längerkettige Bausteine zu setzen. Ergänzend dazu integrierte ich genügend gesunde Fette in meiner Ernährung, wobei ich hier insbesondere auf Omega 3-Fettsäuren achtete. Es ist generell für Sportler enorm wichtig, dass sie dem Körper genügend Energie in Form von Kalorien zuführen. Zum einen aus Gründen der Regeneration, zum anderen aber vor allem auch, um den strukturellen Aufbau zu unterstützen. Gleichzeitig kann durch das vermehrte Training auch der Grundumsatz ansteigen, was bedeutet, dass der Energieverbrauch im Ruhezustand ebenfalls erhöht wird. Bekommt der Körper zu wenig an Kalorien, baut er sich irgendwann buchstäblich selber ab, sprich er bezieht die fehlende Energie aus den muskulären Eiweissen und Körperfettreserven, was in diesem Fall ganz klar nicht das Ziel ist.
Seitens der Sporternährung beachtete ich zusätzlich einen weiteren Grundsatz:
70-80g Kohlenhydrate und 20g Eiweiss jeweils 30 Minuten nach dem Training konsumieren und anschliessend innerhalb einer weiteren Stunde eine normale Mahlzeit einnehmen. Einfach alles mit gesundem Menschenverstand.
Die Auswirkung
Ich absolvierte im Februar und im April 2018 zwei weitere Tests zur Überprüfung der Leistungsentwicklung. Die Fortschritte, welche mein Körper bzw. sein Stoffwechsel erzielt hatte, waren erstaunlich, was sich an folgendem Beispiel sehr gut aufzeigen lässt.

Während ich im Oktober 2017 für 300 Watt Leistung die Kohlenhydrate rasend schnell aufbrauchte, konnte ich ein halbes Jahr später knapp 30% der gleichen Leistung aus Fetten gewinnen. Das bedeutet, dass ich „kohlenhydratschonender“ eine hohe Leistung erbringen kann und damit wichtige Reserven für längere Rennen einspare. Es zeigt auch, dass sich der Fettmetabolismus gut entwickelt hatte.
Die Problematik für längere Wettkämpfe
Nun ist es jedoch nicht so, dass 300 Watt bis ins Unendliche durchgezogen werden können. Unser Körper kann pro Stunde maximal an die 90g Kohlenhydrate aufnehmen. Gehe ich ein Rennen zu schnell an und verpflege mich unterwegs nicht entsprechend, ist ein Einbruch vorprogrammiert, da sich Input und Output nicht die Waage halten können.
Es lohnt sich also, die Verpflegung und dessen Rhythmus in den Trainings immer wieder aufs Neue zu testen und einzubauen. Das bedeutet, dass sich die maximal mögliche Leistung auch aufgrund des Kohlenhydratverbrauchs annähernd genau errechnen lassen.
Ich ging in der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung von einem sehr grundlegenden Schema aus:
Mein Körper kann ungefähr 450g Glykogen (Speicherform der Kohlenhydrate) speichern, die Leber nochmals ca. 100g. Das bedeutet, dass ich im Vorfeld rund 550g an Kohlenhydraten in gespeicherter Form als Depot anlegen konnte. Der Energieverbrauch über das Rennen hinweg konnte ich aus der Leistungsdiagnostik errechnen und sieht ungefähr wie folgt aus:
Die Sprintdistanz am Powerman Zofingen 2018 waren
10km Laufen, 50km Velo, 5km Laufen…
10km in 34 Minuten = 240g Kohlenhydrate
50km in 1 Std. 20 Minuten = 190g Kohlenhydrate
5km in 18 Minuten = 120g Kohlenhydrate
Total Verbrauch = 550g Kohlenhydrate
Es ist tatsächlich reiner Zufall, dass man im Verbrauch auch gerade auf 550g Kohlenhydrate kommt. In der Theorie könnte ich also den Wettkampf mit dem angereicherten Glykogendepot in den besagten Leistungsbereichen durchziehen, in der Praxis ist dies allerdings nicht umsetzbar, da ich die Energie vor allem in bestimmten Muskelgruppen (primär Beinmuskulatur) benötige. Sprich, angereichertes Glykogen in der Armmuskulatur bringt mir auf dem Velo nur bedingt etwas. Die Fettverbrennung leistet bei dieser Belastung, wie schon erwähnt, auch einen wertvollen Beitrag, jedoch benötigt der Körper nebst dem Glykogen und Fett auch unmittelbare und schnell verwertbare Energie um die Leistung an der anaeroben Schwelle aufrechterhalten zu können. Dazu orientiere ich mich am besagten Input von 60-90g Kohlenhydraten pro Stunde, welcher primär über kurzkettige Kohlenhydrate erfolgt.

Der Rennablauf
Aufgrund der gemachten Erfahrungen und der Einschätzung meines Körpers, entschied ich mich im Vorfeld nur auf flüssige Nahrung zu setzen, was bei einer Rennzeit von 2:15 Std. vertretbar ist.
Der Ablauf der Verpflegung während des Rennens sieht nun wie folgt aus:
Als Hobbybarista setze ich zudem bei jedem Wettkampf voll auf die Karte Koffein und nehme jeweils eine Dosis von 200mg eine Stunde vor dem Start ein. Koffein kann seine Wirkung in Ausdauerwettkämpfen ab 20 Minuten bis zu 6 Stunden entfalten und ist meiner Meinung nach eine wertvolle, natürlich Alternative zu den vielen erhältlichen Supplementen.

Kritisch betrachtet, ist die über die Renndauer zugeführte Menge an Kohlenhydraten und Flüssigkeit eher zu tief. Aufgrund der herrschenden 20° Grad, war der Flüssigkeitsverlust sicher etwas tiefer als angenommen. Bei 60-120 Minuten andauernden Wettkämpfen sind in der Theorie 60g Kohlenhydraten ohnehin die bevorzugte Empfehlung. 2:15 Std. sind in diesem Fall ein Grauzonebereich.
Wichtig für mich war im Vorfeld insbesondere das Setzen von Fixpunkten im Rennen selbst. Das heisst, dass ich versuchte, mich auf der Radstrecke alle 10-15 Minuten mit ca. 1-2dl Flüssigkeit zu verpflegen.
Das Fazit
Ich konnte mich aufgrund der Leistungsdaten aber auch aufgrund des eigenen Körpergefühls nahezu optimal auf den Saisonhöhepunkt in Zofingen vorbereiten. Mit den Onlinetrainingsplänen von AZUM konnte ich mit Dan zusammen die Planung und Inhalte perfekt auf mich abstimmen, so dass ich mich voll und ganz auf das Training und damit die Umsetzung fokussieren konnte. Der Trainingsaufwand pro Woche betrug je nach Phase zwischen 8 – 12 Stunden.
Leistungsmässig konnte ich mich tatsächlich bei mehreren Rennen innerhalb der Top 10 klassieren und mich somit einigermassen in der erweiterten Schweizer Spitze der Duathlon Szene etablieren. Dies im Wissen darum, dass noch viel Arbeit wartet um die Lücke nach vorne noch etwas kleiner werden zu lassen. Das Experiment war aber in jedem Fall ein Erfolg, auch wenn man einen Blick auf die Daten der Körperzusammensetzung wirft:

Es zeigt, dass die Transformation eines Sprinters zu einem Ausdauerathleten durchaus möglich ist, obwohl diese damit natürlich bei Weitem noch nicht abgeschlossen ist. Deutlich zu sehen war jedoch auch, dass meine Stärke nach wie vor eher auf den Kurzdistanzen (5/20/5) liegt und alles was über eine Wettkampfdauer von zwei Stunden hinausgeht grenzwärtig ist. Irgendwo bin ich trotz allem eben doch noch ein klein wenig Sprinter geblieben…
Der Duathlon entwickelte sich für mich jedoch zu einer Herzensangelegenheit. Es ist eine kleine, beinahe familiäre Szene, welche es perfekt schafft, Breiten- und Spitzensport miteinander zu verbinden. Aus dem Einjahresexperiment wird nun eines, das auf unbestimmte Zeit weiterlaufen wird. Zudem wäre es ja schade, den bis anhin betriebenen Aufwand nicht für weitere sportliche Leistungen zu nutzen…
Die Empfehlung für Ausdauersportler
- Regelmässiges, kontinuierlich aufbauendes Training (Trainingsgrundsatz: Umfang vor Intensität)
- Auch in umfangbetonten Phasen immer kleine Intensitätsspitzen setzen
- Vom allgemeinen Ausdauertraining zum spezifischen Ausdauertraining
- Krafttraining (und damit meine ich mehr als Rumpfstabilität!) je nach Phase unbedingt als fixen Bestandteil im Trainingsplan integrieren, unter Umständen mehrmals die Woche
- Obwohl nach Wattzahlen, Herzfrequenzen und Kilometerschnitten trainiert wird, muss das eigene Körpergefühl und Intensitätsempfinden immer miteinbezogen werden
- Auf die gesunde und ausgewogene Ernährung setzen, bevor mit Supplementen oder schwer umzusetzenden Ernährungsphilosophien gearbeitet wird
- Das Training von einem professionellen Trainer mit einem professionellen Trainingstool (zum Beispiel AZUM) planen
- Sich Rechenschaft über das eigene Empfinden (Motivation, Essen, Schlaf, Regeneration) abgeben und dieses dem Trainer zurückmelden
- Nicht alles so eng sehen, sondern Spass an der Sache haben
Bericht: Michael Pfanner